Omas Vergessene Rezepte

Eine Sammlung traditioneller Köstlichkeiten aus vergangenen Zeiten

Gründerzeit Genüsse

1850 - 1890

Die Gründerzeit brachte wirtschaftlichen Aufschwung und kulinarischen Wandel. Das aufstrebende Bürgertum konnte sich nun reichhaltigere Speisen leisten. Fleisch kam häufiger auf den Tisch, exotische Gewürze wurden erschwinglich und erste internationale Einflüsse prägten die deutsche Küche. In den städtischen Küchen entstanden raffinierte Gerichte, die Wohlstand und Weltoffenheit demonstrierten. Konditorkunst und aufwendige Saucen hielten Einzug in bürgerliche Haushalte.

Rheinischer Sauerbraten

Der König der deutschen Festtagsbraten

In der Gründerzeit wurde der Sauerbraten zum Symbol für bürgerlichen Wohlstand. Die aufwendige Zubereitung mit tagelangem Marinieren zeigte, dass man sich Zeit und hochwertige Zutaten leisten konnte. Ein Festtagsessen der gehobenen Gesellschaft.

Portionen: 6-8 Personen
Zeit: 4 Tage + 4 Stunden

Hauptzutaten:

  • 2kg Rinderbraten (Schulter)
  • Rotwein und Essig für die Beize
  • Lorbeer, Wacholder, Nelken
  • Zwiebeln und Wurzelgemüse
  • Lebkuchen für die Sauce

Kalbsragout à la financière

Französisch inspirierte Delikatesse

Dieses elegante Ragout zeigt den französischen Einfluss auf die deutsche Gründerzeit-Küche. Mit feinen Kalbsstücken, Champignons und einer samtigen Sauce war es ein Gericht für besondere Anlässe der wohlhabenden Bürgerschaft.

Portionen: 4-6 Personen
Zeit: 2 Stunden

Hauptzutaten:

  • 1kg Kalbfleisch aus der Schulter
  • 300g frische Champignons
  • 200ml Weißwein
  • Sahne und Eigelb
  • Petersilie und Zitrone

Gefüllte Kalbsbrust

Ein festlicher Sonntagsbraten

Die gefüllte Kalbsbrust war in der Gründerzeit ein beliebtes Gericht für Sonntage und Feiertage. Die würzige Füllung aus Hackfleisch, Semmelbröseln und Kräutern machte aus dem einfachen Fleischstück eine kulinarische Köstlichkeit.

Portionen: 6-8 Personen
Zeit: 3 Stunden

Hauptzutaten:

  • 1,5kg Kalbsbrust mit Tasche
  • 300g gemischtes Hackfleisch
  • 2 altbackene Semmeln
  • Eier, Zwiebeln, Petersilie
  • Muskat, Majoran, Pfeffer

Schwarzwälder Kirschtorte

Die Königin der deutschen Torten

In der Gründerzeit entstanden die ersten Konditoreien, und aufwendige Torten wurden zum Symbol für Wohlstand. Diese Torte mit Kirschwasser, Sahne und Kirschen war der Höhepunkt der süßen Kochkunst und zierte die Tafeln der gehobenen Gesellschaft.

Portionen: 12 Stücke
Zeit: 3 Stunden + Kühlzeit

Hauptzutaten:

  • 6 Eier für den Biskuitboden
  • 500ml Schlagsahne
  • 750g Sauerkirschen
  • Kirschwasser (echter Schwarzwälder)
  • Dunkle Schokolade

Wiener Schnitzel

Österreichischer Import der Gründerzeit

Das Wiener Schnitzel kam in der Gründerzeit nach Deutschland und wurde schnell zum Lieblingsgericht des Bürgertums. Die goldbraune Panade und das zarte Kalbfleisch galten als Inbegriff von Eleganz und kulinarischer Raffinesse.

Portionen: 4 Personen
Zeit: 45 Minuten

Hauptzutaten:

  • 4 Kalbsschnitzel (dünn geklopft)
  • 3 Eier zum Panieren
  • Mehl und feine Semmelbrösel
  • Butterschmalz zum Braten
  • Zitronen zum Garnieren
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Rheinischer Sauerbraten

Zutaten für 6-8 Personen:

  • Für den Braten:
  • 2kg Rinderbraten aus der Schulter
  • 2 Zwiebeln, in Scheiben
  • 2 Karotten, in Scheiben
  • 1 Stange Sellerie
  • 3 EL Butterschmalz
  • Für die Beize:
  • 500ml Rotwein
  • 250ml Rotweinessig
  • 2 Zwiebeln, geviertelt
  • 4 Lorbeerblätter
  • 6 Wacholderbeeren
  • 4 Nelken
  • 1 TL Pfefferkörner
  • 3 Pimentkörner
  • Für die Sauce:
  • 3 EL Zucker
  • 2 EL Speisestärke
  • 100g Lebkuchen, zerbröselt
  • 100g Rosinen
  • Salz, Pfeffer

Zubereitung:

  1. Beize vorbereiten (Tag 1): Alle Zutaten für die Beize aufkochen und abkühlen lassen. Den Braten in eine große Schüssel legen und mit der kalten Beize übergießen. 3-4 Tage im Kühlschrank marinieren, täglich wenden.
  2. Braten vorbereiten (Tag 4): Den Braten aus der Beize nehmen, trocken tupfen und die Beize durch ein Sieb gießen, dabei 750ml auffangen.
  3. Den Braten von allen Seiten in Butterschmalz scharf anbraten, dann herausnehmen.
  4. Zwiebeln, Karotten und Sellerie im Bratfett anrösten. Den Braten wieder hineinlegen.
  5. Mit 500ml der aufgefangenen Beize ablöschen und bei 160°C etwa 2,5 Stunden schmoren lassen.
  6. Sauce zubereiten: Den Bratenfond abseihen. Zucker karamellisieren lassen, mit der restlichen Beize ablöschen.
  7. Lebkuchenbröseln und Rosinen hinzufügen, mit Speisestärke binden. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  8. Den Braten in Scheiben schneiden und mit der Sauce servieren.

Historische Anmerkung:

Der Rheinische Sauerbraten wurde in der Gründerzeit zum Symbol für bürgerlichen Wohlstand. Die aufwendige Zubereitung und die exotischen Gewürze wie Wacholder und Nelken zeigten, dass man sich teure Zutaten und lange Zubereitungszeiten leisten konnte. Napoleon soll ihn als "rheinischen Nationalbraten" bezeichnet haben.

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Kalbsragout à la financière

Zutaten für 4-6 Personen:

  • 1kg Kalbfleisch aus der Schulter, in Würfeln
  • 300g frische Champignons
  • 2 große Zwiebeln
  • 3 EL Butter
  • 3 EL Mehl
  • 200ml trockener Weißwein
  • 400ml Kalbsfond oder Fleischbrühe
  • 200ml Sahne
  • 2 Eigelb
  • Saft einer halben Zitrone
  • 2 EL gehackte Petersilie
  • Salz, weißer Pfeffer, Muskat
  • 1 Bouquet garni (Thymian, Lorbeer, Petersilie)

Zubereitung:

  1. Das Kalbfleisch würfeln und mit Salz und Pfeffer würzen.
  2. Die Butter in einem schweren Topf erhitzen und das Fleisch portionsweise scharf anbraten. Herausnehmen und beiseite stellen.
  3. Die gehackten Zwiebeln im gleichen Topf glasig dünsten. Das Mehl einstreuen und eine helle Mehlschwitze bereiten.
  4. Mit Weißwein und Fond ablöschen, gut verrühren damit keine Klümpchen entstehen.
  5. Das Fleisch mit dem Bouquet garni wieder hinzufügen. Bei schwacher Hitze 1 Stunde köcheln lassen.
  6. Die Champignons in Scheiben schneiden und in den letzten 20 Minuten hinzufügen.
  7. Sahne mit Eigelb verrühren, die Sauce damit legieren (nicht mehr kochen!).
  8. Mit Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken. Mit Petersilie bestreut servieren.

Historische Anmerkung:

Das Ragout à la financière war ein typisches Gericht der französisch beeinflussten Gründerzeit-Küche. Der Name "financière" bezieht sich auf die reichen Bankiers und Finanziers, die sich solche teuren Zutaten wie Kalbfleisch und Champignons leisten konnten. Die aufwendige Zubereitung mit Eigelb-Liaison zeigt die Raffinesse der Zeit.

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Gefüllte Kalbsbrust

Zutaten für 6-8 Personen:

  • 1,5kg Kalbsbrust mit eingeschnittener Tasche
  • Für die Füllung:
  • 200g gemischtes Hackfleisch
  • 100g durchwachsener Speck, gewürfelt
  • 2 altbackene Semmeln
  • 2 Eier
  • 1 große Zwiebel, fein gehackt
  • 3 EL gehackte Petersilie
  • 1 TL getrockneter Majoran
  • Muskatnuss, Salz, Pfeffer
  • Zum Braten:
  • 2 Zwiebeln, gewürfelt
  • 2 Karotten, gewürfelt
  • 1 Stange Sellerie
  • 3 EL Butterschmalz
  • 500ml Fleischbrühe
  • 200ml Weißwein

Zubereitung:

  1. Die Semmeln in warmem Wasser einweichen und ausdrücken.
  2. Den Speck würfeln und auslassen. Die Zwiebel darin glasig dünsten.
  3. Hackfleisch, Semmeln, Eier, Speck-Zwiebel-Mischung und Gewürze zu einer Füllung verkneten.
  4. Die Kalbsbrust innen und außen salzen und pfeffern. Die Füllung in die Tasche geben und mit Küchengarn zunähen.
  5. Das Fleisch in Butterschmalz von allen Seiten scharf anbraten.
  6. Gemüse zugeben und kurz mitrösten. Mit Wein und Brühe ablöschen.
  7. Bei 160°C etwa 2 Stunden schmoren lassen, dabei gelegentlich wenden.
  8. Das Fleisch ruhen lassen, dann in Scheiben schneiden. Den Bratensaft abseihen und als Sauce dazu reichen.

Historische Anmerkung:

Die gefüllte Kalbsbrust war in der Gründerzeit ein beliebtes Sonntagsessen der bürgerlichen Küche. Kalb galt als feines Fleisch und die aufwendige Füllung zeigte kulinarisches Können. Majoran und Muskat waren teure Gewürze, die den Wohlstand der Familie demonstrierten.

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Schwarzwälder Kirschtorte

Zutaten für 12 Stücke:

  • Für den Biskuitboden:
  • 6 Eier
  • 150g Zucker
  • 100g Mehl
  • 50g Kakao
  • 1 TL Backpulver
  • Für die Füllung:
  • 750g Sauerkirschen (Glas)
  • 500ml Schlagsahne
  • 2 Päckchen Sahnesteif
  • 50g Puderzucker
  • 6 EL Kirschwasser (original Schwarzwälder)
  • 3 EL Zucker für die Kirschen
  • Für die Dekoration:
  • 100g dunkle Schokolade
  • Frische Kirschen mit Stiel

Zubereitung:

  1. Biskuitboden: Eier und Zucker 10 Minuten schaumig rühren. Mehl, Kakao und Backpulver vorsichtig unterheben.
  2. In eine gefettete Springform (26cm) füllen und bei 180°C 35 Minuten backen. Auskühlen lassen.
  3. Den Boden dreimal waagerecht durchschneiden (4 Böden).
  4. Kirschen vorbereiten: Kirschen abtropfen, Saft mit Zucker aufkochen und mit Speisestärke binden. Abkühlen lassen.
  5. Sahne schlagen: Sahne mit Sahnesteif und Puderzucker steif schlagen.
  6. Zusammensetzen: Jeden Boden mit Kirschwasser beträufeln.
  7. Abwechselnd Böden, Sahne und Kirschen schichten. Mit Sahne abschließen.
  8. Dekoration: Schokolade raspeln, Torte damit bestreuen. Mit Kirschen garnieren.
  9. Mindestens 4 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.

Historische Anmerkung:

Die Schwarzwälder Kirschtorte entstand in der Gründerzeit im Schwarzwald. Konditoreien blühten auf und aufwendige Torten wurden zum Statussymbol. Das teure Kirschwasser und die frischen Kirschen machten sie zu einem Luxusgut für besondere Anlässe. Sie gilt heute als eine der bekanntesten deutschen Torten weltweit.

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Wiener Schnitzel

Zutaten für 4 Personen:

  • 4 Kalbsschnitzel à 150g (aus der Keule)
  • 3 Eier
  • 3 EL Mehl
  • 200g feine Semmelbrösel
  • 200g Butterschmalz
  • 2 Zitronen
  • Salz und weißer Pfeffer
  • Optional: Kapern und Sardellen zur Dekoration

Zubereitung:

  1. Die Schnitzel zwischen Frischhaltefolie vorsichtig platt klopfen (3-4mm dick).
  2. Mit Salz und Pfeffer würzen und 10 Minuten ziehen lassen.
  3. Drei Teller vorbereiten: 1. Mehl, 2. verquirlte Eier, 3. Semmelbrösel.
  4. Die Schnitzel nacheinander erst in Mehl, dann in Ei, zuletzt in Bröseln wenden.
  5. Wichtig: Die Panade gut andrücken, aber nicht zu fest.
  6. In einer großen Pfanne reichlich Butterschmalz auf mittlerer Hitze erhitzen.
  7. Die Schnitzel einzeln von beiden Seiten goldbraun braten (je 2-3 Minuten).
  8. Die Panade sollte sich während des Bratens leicht vom Fleisch lösen ("schwimmen").
  9. Auf Küchenpapier kurz abtropfen lassen und sofort mit Zitronenscheiben servieren.

Historische Anmerkung:

Das Wiener Schnitzel kam in der Gründerzeit nach Deutschland und wurde schnell zum Liebling der gehobenen Bürgerschaft. Ursprünglich nach Wiener Art zubereitet, verbreitete es sich durch die zunehmenden Reisen und den kulturellen Austausch. Die goldbraune Panade galt als Zeichen für perfekte Kochkunst und wird bis heute nach traditioneller Art zubereitet.