Küchen-Lexikon & Tipps
Alte Rezepte verwenden oft Begriffe und Techniken, die heute unbekannt sind. Unser Küchen-Lexikon erklärt vergessene Wörter, historische Zutaten und traditionelle Methoden. Dazu finden Sie praktische Tipps, wie Sie historische Rezepte in der modernen Küche umsetzen können.
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📏 Alte Maßeinheiten umrechnen
⚖️ Gewichte
1 Lot = 16,67g
1 Quent = 4,17g
1 Gran = 0,06g
1 Unze = 31,1g
Messerspitze = ca. 1g
Fingerhut voll = ca. 2g
🥤 Flüssigkeiten
1 Schoppen = 0,5 Liter
1 Seidel = 0,3-0,5 Liter
1 Wasserglas = 200ml
1 Weinglas = 125ml
1 Tasse = 150-200ml
1 Schnapsglas = 20ml
🥄 Löffelmaße
1 EL gestrichen = 10-15g
1 TL gehäuft = 8-10g
1 TL gestrichen = 3-5g
1 Prise = so viel wie zwischen 2 Finger passt
1 Handvoll = ca. 40-60g
💡 Umrechnungs-Tipp
Bei alten Rezepten waren die Angaben oft ungenau, da jede Region eigene Maße hatte. Tasten Sie sich langsam heran und justieren Sie nach Ihrem Geschmack. Die Konsistenz des Teigs oder der Sauce ist oft wichtiger als exakte Gramm-Angaben.
📖 Vergessene Küchensprache
🔥 Zubereitungsarten
Pochieren: In heißem, nicht kochendem Wasser garen
Blanchieren: Kurz in kochendem Wasser überbrühen
Lassen: Ruhen lassen, ziehen lassen
Abschmalzen: Mit heißem Fett übergießen
Beizen: In einer Marinade einlegen
Flambieren: Mit Alkohol anzünden
🥄 Teig-Begriffe
Nocken: Mit dem Löffel abgestochene Portionen
Schwitze: Mehl in Fett angeröstet (Mehlschwitze)
Liaison: Eigelb mit Sahne zum Binden
Abziehen: Vom Herd nehmen
Unterheben: Vorsichtig einrühren
Wirken: Teig kneten und formen
🍖 Fleisch-Fachsprache
Bardieren: Mit Speck umhüllen
Parieren: Sehnen und Häute entfernen
Beißen: Eine Sauce ist zu scharf/sauer
Falsch: Aus Hackfleisch geformt (Falscher Hase)
Sülze: In Gelee eingelegte Fleischstücke
Eingemachtes: Konservierte Fleisch- oder Gemüsegerichte
🌿 Vergessene Zutaten entschlüsselt
🧂 Triebmittel & Salze
Pottasche: Kaliumcarbonat, Backpulver-Ersatz
Weinstein: Backpulver-Bestandteil
Salpeter: Nitrat zum Pökeln (heute verboten)
Glaubersalz: Abführmittel, für medizinische Zwecke
Alaun: Konservierungsmittel (heute nicht mehr verwendet)
🌸 Aromatische Zutaten
Orangenblütenwasser: Parfümierte Backzutat
Veilchenwurzel: Süßlich duftende Wurzel
Angelikawurzel: Würzige Heilpflanze
Kalmus: Bittere Würzpflanze
Zitronat/Orangeat: Kandierte Zitrusschalen
Succade: Kandierte Früchte
🥛 Milchprodukte & Fette
Dickmilch: Sauer gewordene Milch
Molken: Flüssigkeit bei der Käseherstellung
Buttermilch: Restprodukt beim Buttern
Schmalz: Ausgelassenes Schweinefett
Talg: Fett von Rind oder Hammel
Unschlitt: Rohes Tierfett
🔧 Historische Küchengeräte
🍳 Kochen & Braten
Feuerbock: Eisengestell für offenes Feuer
Dreibein: Topfständer über dem Feuer
Spießbraten-Apparat: Automatische Drehvorrichtung
Gusseiserne Pfanne: Schwere, gut wärmespeichernde Pfanne
Kohlenbecken: Tragbare Feuerstelle
⚙️ Verarbeitung
Buttermodel: Holzform für Butter
Krautschneider: Großes Messer zum Kohlschneiden
Passiermühle: Sieb zum Pürieren
Quirle: Handgerührte Schneebesen
Mörser: Zum Zerstoßen von Gewürzen
Waffelzange: Über dem Feuer gehaltenes Waffeleisen
🏺 Aufbewahrung
Emailierte Schüsseln: Säureresistente Gefäße
Holzfässer: Für Salzfleisch und Pökeln
Speckstein-Platten: Kühle Arbeitsflächen
Weidenkörbe: Für Brot und trockene Vorräte
Tonkrüge: Für Öl, Essig und Schnaps
🔄 Moderne Ersatzprodukte
🧂 Triebmittel ersetzen
Verhältnis: 1:1, aber nur für flache Gebäcke
Verhältnis: 1 TL Natron + 1 EL Essig/Zitrone
Verhältnis: Hälfte der Menge
🌸 Aromen ersetzen
Alternative: Vanillearoma + 1 Tropfen Rosenöl
Alternative: Orangensirup oder Bergamotte-Öl
Oder: Getrocknete Zitrusschalen
🥛 Milchprodukte ersetzen
Verhältnis: 1:1 austauschbar
Oder: Milch + 1 EL Zitronensaft (10 Min. stehen lassen)
Alternative: Pflanzenfett für neutrale Gerichte
💡 Praktische Küchentipps
🔥 Temperatur ohne Thermometer
- Handprobe: 5 Sek. über dem Ofen halten - zu heiß? → ca. 250°C
- Mehl-Test: 1 EL Mehl einstreuen - braun in 10 Sek. → 200°C
- Wassertropfen: Verdampft sofort → über 100°C
- Papier-Test: Backpapier wird braun → zu heiß (über 220°C)
- Butter-Test: Schäumt sofort → richtige Brattemperatur
⏱️ Garzeiten schätzen
- Nudeln: "Al dente" → noch leichter Biss spürbar
- Kartoffeln: Messer geht leicht rein, fällt aber nicht runter
- Fleisch: Druckprobe - fest aber elastisch = medium
- Kuchen: Stäbchenprobe oder leichtes Zurückfedern
- Ei: Hart gekocht = 10 Min., weich = 6 Min.
🧂 Würzen wie früher
- Salz sparsam: War teuer, lieber nachwürzen
- Kräuter frisch: Getrocknet erst ganz am Ende dazu
- Pfeffer frisch mahlen: Verliert schnell Aroma
- Zwiebeln "glasig": Durchsichtig, aber nicht braun
- Säure am Ende: Essig/Zitrone erst kurz vor Servieren
🥄 Teig-Konsistenzen
- Rührteig: Schwer fallend vom Löffel
- Hefeteig: Elastisch, lässt sich dehnen ohne zu reißen
- Mürbeteig: Krümelig, aber formbar
- Brandteig: Löst sich vom Topfboden als ganzer Ball
- Sauerteig: Doppelt so groß wie ursprünglich
🧊 Konservierung heute
- Einkochen: Saubere Gläser, kochend heiß einfüllen
- Trocknen: Backofen bei 60°C, Tür einen Spalt offen
- Fermentieren: 2% Salz zum Gemüsegewicht
- Räuchern: Liquid Smoke als moderne Alternative
- Beizen: Kühlschrank statt Keller (max. 1 Woche)
🔧 Improvisation in der Küche
- Kein Backpulver? → Natron + Säure (Essig/Zitrone)
- Keine Waage? → 1 Tasse Mehl = ca. 120g
- Kein Mixer? → Schneebesen + viel Geduld
- Zu salzig? → Kartoffel mitkochen (zieht Salz)
- Zu sauer? → Prise Zucker mildert ab
Das Wichtigste zum Schluss
Alte Rezepte sind Leitfäden, keine Gesetze! Unsere Vorfahren kochten nach Gefühl, Erfahrung und verfügbaren Zutaten. Haben Sie Mut zum Experimentieren und vertrauen Sie Ihren Sinnen. Die beste Zutat ist und bleibt die Liebe zum Kochen.
"Kochen ist Liebe, die man schmecken kann."
- Alte Küchenweisheit